Armutszeugnis: Beweis der Unfähigkeit Einst durfte nur betteln, wer eine amtliche Erlaubnis 1= Armutszeugnis) vorweisen konnte.
kein Blatt vor den Mund nehmen: sich unumwunden äußern. Im 16. Jahrhundert hielt man sich bei peinlichen Äußerungen ein Blatt Papier oder ein Laubblatt vor den Mund.
mit jemandem Deutsch reden: ohne Umschweife die Wahrheit sagen. Deutsch war im Mittelalter die Sprache des gemeinen Volkes – die Geistlichkeit und die Gelehrten sprachen Latein.
das ist eine Ente: eine Falschmeldung, Zeitungsente. Wohl aus dem Französischen: canard heißt nicht nur Ente, sondern in manchen Wendungen auch Lüge, Schwindel.
jemanden etwas eintrichtern: mühsam etwas beibringen. Nach dem 1647 erschienenen Buch von Harsdörffer »Poetischer Trichter«. einem Lehrgang der Dichtkunst »in sechs Stunden«.
den Faden verlieren: nicht mehr weiter wissen. Aus dem Labyrinth des Königs Minos von Knossos fand Theseus nur mit Hilfe eines Fadens heraus.
Fraktur reden: jemandem deutlich die Meinung sagen. Die altdeutsche Frakturschrift wirkt eckig und kantig, im Gegensatz zur »weichen« Lateinschrift macht sie keine Umwege.
jedes Wort auf die Goldwaage legen: übergenau sein. Noch im 19. Jahrhundert wurden Goldstücke auf einer Waage geprüft, ob nicht »Geldschneider« sie am Rand beschnitten hatten.
der reinste Hintertreppenroman: ein sentimentaler Unterhaltungsroman. An der Hintertreppe des Hauses verkauften‘ Kolporteure den Dienstboten billige Romanhefte.
schon wieder so ein Kalauer: ein nicht sehr geistreiches Wortspiel. Aus dem französischen calembour = Wortspiel, angelehnt an die niederlausirzische Stadt Kalau, deren Bewohner es offenbar auf diesem Gebiet zur Meisterschaft gebracht hatten.
ein echter Knüller: eine Sache, die sofort einschlägt Aus dem Journalismus vom jiddischen knellen = schlagen.
fertig ist der Lack: die Sache ist beendet Briefe wurden früher zusammengefaltet und mit Siegellack verschlossen.
das war eine lakonische Antwort: eine wortkarge Antwort. Die Bewohner von Lakonien in Griechenland galten als sehr mundfaul.
ein Leporellobuch: ein Buch mit harmonikaartig gefalteten Seiten. In einem solchen Buch notierte Leporello, Diener des Frauenhelden Don Juan in Mozarts gleichnamiger Oper, die Liebschaften seines Herren. Leporelloliste = Liebschaftenverzeichnis.
die Leviten lesen: jemanden energisch zurechtweisen. Die alttestamentlichen Tempelbeamten vom Stamme Levi (= Leviten) wurden mit dem 3. Buch Mose geschult dessen 26. Kapitel einige heftige Flüche gegen Gesetzesübertreter enthält.
da redet einer Makulatur: dummes, überflüssiges Zeug. Makulatur ist wertloses Altpapier.
auf den Nägeln brennen: es sehr eilig haben. Um bei der Messe besser im Gebetbuch lesen zu können, klebten sich die Mönche Kerzen auf die Daumennägel. Brannte die Kerze herunter, konnte es passieren, daß sie den Nagel verbrannte.
den Pegasus besteigen: an einer Dichtung arbeiten. Pegasus, das geflügelte Pferd der griechischen Sage, gilt als Sinnbild der Dichtkunst
postwendend antworten: sofort umgehend. Die Postkutsche hielt an den einzelnen Poststationen, gab die Briefe ab und fuhr weiter bis zur Endstation. Auf dem Rückweg nahm sie die Antwortbriefe auf Wunsch gleich wieder mit
das kann kein Schwein lesen: das kann niemand lesen. Angeblich konnten die Mitglieder der Familie Swyn in Schleswig weit und breit als einzige lesen — alle ließen sich von ihr die Briefe vorlesen. Unleserliches konnte nicht einmal ein Swyn lesen.
reden wir Tacheles: offen, deutlich und fachmännisch. Journalistenjargon, aus dem Jiddischen.
etwas aufs Tapet bringen: zur Sprache bringen. Tapet ist nicht die Wandbekleidung, sondern die Tischdecke im Sitzungszimmer.
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